Sechs Tage in der Brenta - Teil 1/4: Sentiero Bocchette Benini mit Cima Falkner (2988m) und Cima Sella (2919m)

Schon letztes Jahr wollte ich den berühmten Bocchette-Weg begehen, dieses Jahr klappte es dann. Am 13. September fuhren wir von Freising nach Madonna di Campiglio, um über den mehrtägigen, hochalpinen Klettersteig von Hütte zu Hütte zu wandern. Die Rucksäcke waren prall gefüllt, denn neben Klettersachen und Verpflegung wollten wir auch nicht auf unsere Hochtourenausrüstung verzichten - man bewegt sich schließlich fast durchgehend an der 3000m-Grenze inkl. dem ein oder anderen Gletscherkontakt.


Da wir nicht mit der Seilbahn fahren wollten, parkten wir beim Rifugio Vallesinella (1513m) und stiegen in zwei Stunden zum Rifugio Graffer (2261m), unserem ersten Nachtlager auf. Nach einem viel zu üppigen Abendmenü der Halbpension (Spaghetti mit einer richtig guten Tomatensoße sowie Bratkartoffeln mit Spiegelei und Spinat) und einer unruhigen Nacht im voll besetzten Lager starteten wir am nächsten Morgen bei herrlichsten Sonnenschein zur ersten Etappe.


Das erste Highlight erreicht man nach etwa zwei Stunden an der Bocchetta Alta dei Camosci, einer beeindruckenden Scharte, die kurzzeitig den Blick nach Westen frei macht und einem zum ersten Mal auf dieser Tour so richtig deutlich macht, in was für einer faszinierenden Berglandschaft man unterwegs ist:


Weiter geht es über relativ breite Bänder...


... zum unscheinbaren Abzweig der fast 3000m hohen Cima Falkner. Diese kann weglos und in leichter Kletterei im teils schuttigen Gelände bestiegen werden.


Auf halber Höhe ließen wir die schweren Rucksäcke liegen und erfreuten uns eines "erleichterten" Aufstiegs. Oben angekommen wird man mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt - vor allem die mächtige Cima Brenta (3150m) zieht alle Blicke auf sich:


Während eine Gruppe lauter Italiener beim hastigen Gruppenfoto beinahe die Hälfte des Gipfelsteinmanns umriss, gingen wir es gemütlicher an und gönnten uns eine zwanzigminütige Sonnenpause auf unserem ersten Brentagipfel.


Auf gleichem Weg gings danach wieder runter und weiter auf dem Sentiero Benini (Kategorie B). Wo wir uns sicher fühlten, verzichteten wir darauf, das Klettersteigset einzuhängen und kamen dementsprechend schnell voran.


Mit der ebenfalls weglos zu erreichenden Cima Sella wartete schließlich auch der zweite Gipfel auf uns. Da wir allerdings die Karte falsch deuteten, fanden wir uns nach einem zehnminütigen abseitigen Anstieg auf einer anderen Erhebung wieder.


Da es erst 12 Uhr mittags war, beschlossen wir, auch noch den Weg auf die "richtige" Cima Sella zu suchen. Dies stellte sich als gar nicht so einfach heraus, da wir vom markierten Weg vermutlich viel zu spät abbogen und so erst nach einigen umständlichen Metern in der Schuttflanke auf Steinmänner stießen.


In den schattigen Ecken war dabei schnell klar, dass wir uns hier Mitte September auf fast 3000m bewegten (siehe oben) und wir teilweise höllisch aufpassen mussten, nicht auf dem glatten Untergrund auszurutschen. Auch sind beim Anstieg auf die Cima Sella (auf unserem Weg) einige Steilstufen zu erklettern, die durchaus im zweiten Grad liegen - insgesamt also eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit.


Um halb zwei erreichten wir endlich den Gipfel, wo wir zu unserer Freude ein in eine Plastikbox gestecktes Gipfelbuch fanden, in das zuletzt jemand genau ein Jahr zuvor geschrieben hatte. Auch wenn es ziemlich gut zwischen den Felsen versteckt war, bestätigte dies unsere Vermutung, dass die Cima Sella wohl eher seltener besucht wird.





Wir genossen auch hier für einige Minuten das traumhafte Wetter und die warmen Sonnenstrahlen bevor wir uns schweren Herzens an den Abstieg machten. Die Orientierung gestaltete sich wie im Aufstieg teilweise recht anspruchsvoll (Steinmänner in Schutthalden sind oft gar nicht sooo einfach zu sehen) und wir benötigten ein paar Versuche, um geeignete Stellen für die Überwindung der Steilstufen zu finden - ein kleines Bergsteigerabenteuer eben.


Leider zog es sich immer weiter zu und auch der Wind frischte auf.


Wir wählten daher (und auch weil für für den nächsten Tag den Weg über den Gletscher nehmen wollten) den direkten Abstieg zur Tucketthütte (2272m) über den Sentiero B. Dallagiacoma, einen teils steilen versicherten Steig, der noch einmal an beeindruckenden Wänden vorbei führt.


Um 16 Uhr errichten wir schließlich die gut besuchte Hütte und bekamen unseren "Lager"platz in einem mit vier Personen belegten Sechsbettzimmer zugeteilt - eine schöne Überraschung, sieht man einmal vom unangenehmen Modergeruch auf dem Stockwerk ab...


Beim Anblick des Gletschers, den wir am nächsten Tag ja für den Wiederanstieg zum Bocchette-Weg nehmen wollten, waren schlagartig alle Bedenken um das Zusatzgewicht der mitgeführten Steigeisen vergessen:



Nach einem gemütlichen Hüttenabend mit gutem Essen, der Aussicht auf sehr gutes Wetter und einer entspannten Nacht hieß es am Folgetag früh aufstehen, denn es stand uns der längste und mit einer Klettersteigbewertung von C/D schwierigste Teil bevor. Doch dazu mehr im nächsten Beitrag...
  • Zeitbedarf: Allein für den Weg von Hütte zu Hütte laut Literatur etwa fünf Stunden. Wir waren von 7:30 Uhr bis 16 Uhr unterwegs, allerdings mit drei Gipfelabstechern und inkl. Pausen.
  • Höhenmeter: Ca. 1100 bergauf, 1000 bergab
  • Schwierigkeit: Maximal B am Klettersteig, also recht einfach. Für die Besteigung der Gipfel ist Klettern bis UIAA II im ungesicherten Gelände und Orientierungsvermögen nötig.

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